Freitag, 23. November 2007

Home Call













Bei „Home Call“ geht es in Ghana nicht ums Telefonieren, sondern um Todesanzeigen. Neben dem „Home Call“ und dem „Final Home Call“ findet man als Überschrift über Todesanzeigen noch häufig „Celebration of Life“ oder „Call to Glory“. Todesanzeigen werden vor allem im Wohnumfeld des Verstorbenen öffentlich plakatiert. In der Oberschicht werden Todesanzeigen mit dem genauen Ablauf der Trauerfeierlichkeiten und dem Hinweis auf die gewünschte Kleidung der Trauergäste (schwarz und rot, schwarz oder auch weiß) auch in der Zeitung veröffentlicht. Die Namen der trauernden Familienangehörigen werden meisten durch die Angabe ihrer beruflichen Position und ihres Wohnortes ergänzt, so dass damit gleichzeitig der soziale Status der Familie markiert wird.


Die Anzeigen, in denen an „runden Daten“ an die Verstorbenen erinnert wird, machen deutlich, dass die Verstorbenen weiterhin als Teil der Familie „erlebt“ werden. Wesentlicher Bestandteil eines Beerdigungsgottesdienstes (im städtischen Bereich) ist das „Reading of Tributes“. Hier werden von Verwandten und Vertretern von Organisationen, Vereinen usw. die Verdienste der Verstorbenen noch einmal ausführlich in Erinnerung gerufen. Dieser Teil des Beerdigungsgottesdienstes heißt mit gutem Recht „Reading“, weil die Texte schon gedruckt in einem „Funeral Book“ vorliegen, von dem jeder Besucher des Gottesdienstes ein Exemplar erhält. Ein solches Funeral Book enthält darüber hinaus Bilder aus den verschiedenen Lebensabschnitten der Verstorbenen, eine ausführliche Biografie und natürlich den gesamten Ablauf des Beerdigungsgottesdienstes. Während des Verlesens der „Tributes“ defiliert die gesamte Trauergemeinde, Bank für Bank, an dem offenen Sarg vorbei, um sich von der Verstorbenen zu verabschieden.




In Ghana ist es ganz wichtig, dass möglichst alle Verwandten – und dies umfasst nach den hier geltenden Verwandschaftsvorstellungen eine Vielzahl von Menschen – an der Beerdigung teilnehmen können. Da die Anreise von Verwandten – z. B. aus den USA – nicht von einem Tag zum anderen zu bewerkstelligen ist, kann sich daher der Termin einer Beerdigung sehr weit hinauszögern. Da die Kühlräume in den Krankenhäusern nicht ausreichen, um die Leiche manchmal bis zu einem Jahr und darüber hinaus zu konservieren, gibt es entsprechende private Unternehmen, die sich auf Kühlhäuser für Leichen spezialisiert haben und damit viel Geld verdienen. (Müssen aber auch bei dem häufigen Stromausfall in Notstromaggregate investieren!)





In der „Ghanaian Times“ vom 2.11.07 wurde in einem Leserbrief, heftige Kritik an den unsinnig hohen Ausgaben für Beerdigungen geübt. Ein nicht unwesentlicher Teil dieser Ausgaben kann durch die Langzeit Aufbewahrung der Leichen entstehen. Weiterhin sind die Vorbereitung für die Trauerfeier, mit der Planung und Ausgestaltung des Gottesdienstes nicht zu Ende, sondern zur Trauerfeier gehört auch die Bewirtung. (Catering Service samt Partyzelten und Bestuhlung ist ein einträgliches Geschäft in Ghana!) Hinzu kommt noch, dass Familien, die etwas auf sich halten, vor der Beerdigungsfeier erst einmal das Haus des Verstorbenen renovieren. Der bereits zitierte, vernunftgetriebene Leserbriefschreiber gibt zu bedenken, man würde vielleicht eher im Sinne der Verstorbenen handeln, wenn man dieses Geld z. B. für die Ausbildung der Kinder des Verstorbenen zur Verfügung stellen würde. Ironisch fügt er an, mancher Verstorbene habe sicherlich während seiner Lebzeit in manchen Situationen vergeblich auf ein vergleichbares finanzielles Engagement der Verwandtschaft zu seinen Gunsten gewartet. Sehr vernünftig, was da Herr Isaiah Adzigdie schreibt. Da er wohl selbst am besten weiß, dass er mit seinen Empfehlungen an der gesellschaftlichen Realität vorbeigeht, fordert er auch gleich ein Gesetz zur Beschränkung der Ausgaben für Beerdigungen!

Keine Kommentare: