Am 14. Oktober 2007 veröffentlichte die Sunday Times ein Interview mit dem 79jährigen Nobelpreisträger James D. Watson, in dem dieser die Afrikaner als biologisch minderwertig einstufte. Watson hatte zusammen mit Crick 1953 durch die Entdeckung der DNA-Struktur Wissenschaftsgeschichte geschrieben. 1962 erhielten die beiden Wissenschaftler für diese Entdeckung den Nobelpreis. Es ist nicht das erste Mal, dass der Nobelpreisträger Watson durch exzentrische Äußerungen auf sich aufmerksam macht.
In dem Interview mit der Sunday Times erklärt der Nobelpreisträger, dass die westliche Politik gegenüber afrikanischen Staaten auf der falschen Annahme beruhe, die Afrikaner seine genau so intelligent wie ihre europäischen Kooperationspartner. Tests hätten das Gegenteil bewiesen. Er gehe davon, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre die Gene entdeckt würden, die für Intelligenzunterschiede zwischen den Rassen verantwortlich sind.
Es ist nicht erstaunlich, dass die Äußerungen Watsons und die dadurch ausgelöste Debatte auch in ghanaischen Zeitungen ein Echo fanden. Erstaunlich ist jedoch, wie zumindest in drei ausführlichen Beiträge in der Daily Graphic, mit dem Thema umgegangen wurde.
Man verwendet im Prinzip keine Anstrengungen darauf, Watson zu widerlegen. So tauchen z. B. Hinweise auf schwarze Politiker wie Kofi Annan, Condoleeza Rice oder Colin Powell und ihre Leistungen nur am Rande auf. Man wendet sich vielmehr schnell der Frage zu, wie es zu erklären ist, dass die Äußerungen eines alt gewordenen Nobelpreisträger über die biologische Minderwertigkeit der „schwarzen Rasse“ überhaupt Gegenstand ernsthafter Diskussionen werden kann. An die Stelle rassistischer Vorurteile gegenüber Chinesen, Japanern oder Indern sei inzwischen der Respekt vor den Mitkonkurrenten auf dem Weltmarkt getreten.
Und hier setzen die Kommentare mit einer ausgesprochen kritischen Selbstanalyse an. Afrika stehe nur dann auf dem ersten Platz, wenn es um negative Meldungen gehe. Hier gäbe es die ärmsten und die am schlechtesten ernährten Menschen. Alle Krankheiten, durch die die Menschheit heimgesucht werden, fänden ihre weiteste Verbreitung in Afrika. Auch bei der Quote der Analphabeten läge Afrika auf Platz eins. All das stehe im krassen Widerspruch zum Reichtum an natürlichen Ressourcen, durch den sich der Kontinent auszeichne. Man könne sogar die Ansicht vertreten, Mutter Natur habe es mit Afrika im Vergleich zu anderen Regionen der Welt besonders gut gemeint.
Irgendetwas sei also in der Entwicklung Afrikas schief gelaufen. Bei der Suche nach Gründen für diese Entwicklung müsse man aufhören, nur in der Vergangenheit zu leben, d. h. auf Kolonialismus und Sklaverei zu verweisen. Zumal es letztlich nicht die Europäer waren, die sich die Mühe machten, auf Sklavenjagd zu gehen.
Ausdruck der Fehlentwicklung sei der tiefe Minderwertigkeitskomplex der Afrikaner gegenüber den Industrienationen. Dieses Gefühl der Unterlegenheit zeige sich in allen Lebensbereichen. Mit dem Selbstwertgefühl sei es wohl nicht weit her, wenn man einen dreiteiligen dunklen Anzug in der tropischen Hitze Afrikas für ein Symbol der Modernität halte. Afrikanische Fußballteams fühlen sich ihren Gegner nur gewachsen, wenn sie durch einen weißen Trainer betreut würden. Und da der neue Amtssitz des ghanaischen Präsidenten etwas Besonderes werden müsse, werde er von indischen Architekten gebaut.
An dem mangelnden Selbstbewusstsein seien nicht zuletzt die politischen Eliten schuld, die nur an Zuwendungen und Almosen aus den Industriestaaten interessiert seien – und dies letztlich zu ihrer persönlichen Bereicherung. Abgesehen von Kwame Nkrumah, Julius Nyrere und Nelson Mandela habe kein afrikanischer Führer ernsthaft versucht, seinem Volk Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit zu vermitteln. „And since our leaders are a reflection of our society and, in fact, they mirror us, anybody who sees through the behaviour of our leaders might be tempted to conclude that all of us have low self-esteem and by extension are less intelligent.“ (M. Attah, 5.11.07 S. 23)
Respekt von anderen könne man nur erwarten, wenn man sich selbst respektiere:
„Only Ghanaians can develop Ghana and make it prosperous and proud. It is the same for other African countries. We have to emancipate the mind, regain our self-confidence and do things for ourselves. Only then can we successfully confront the painful fact that at the moment we are far behind in the march of man. And the fault is not in our stars or genes. We have imposed an inferiority complex on ourselves. We should rid our minds of the dependency syndrome.” (K.B. Asante 5.11.07, S. 7)
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